Ich bin ein hausgemachter Bücherwurm. Meine ständige Neugier drängt mich fast immer und überall zu lesen. Dabei liebe ich Bücher, die mich “aufbringen”, die mich aufrütteln oder einfach eine grandiose Skizze der Welt bieten. In den letzten Jahren bin ich dabei auf einige Bücher gestoßen, die mir sehr gut gefielen. Diese stelle ich euch im folgenden vor. Ich gehe auf spannende Fachbücher, gesellschaftskritische Werke und einige SciFi-Romane ein.
Why we Matter
Zugegeben, “Why we Matter” von Emilia Roig fühlt sich zeitweise wie ein Gewaltmarsch quer durch alle Bereiche unseres Lebens an. Wo diskriminieren wir Menschen eigentlich nicht, ist die Frage, die mir bleibt. Als (Ex-)Wissenschaftler ist mir Wissen heilig. Und damit räumt Emilia Roig gehörig auf. Wissen ist nur ein weiteres Instrument unserer patriarchalischen, weißen Kultur Menschen auszugrenzen. Es geht weiter mit der Institution Polizei und Gefängnissen. Diese haben sich seit Jahrtausenden immer weiter gewandelt – warum jetzt aufhören? Darüber habe ich in diesem Blog bereits geschrieben: Polizeigewalt.
Roig gibt jede Menge Einblicke, Quellen und an vielen Stellen unglaublich wertvolle Anstöße, wie es anders bereits gemacht wird oder gemacht werden kann. Spannend. Wenn du “Invisible Women” von “Caroline Criado Perez” mochtest, wird dir auch dieses Buch viel geben.
A guide to the good life – The ancient art of Stoic joy
Stoiker wollen all das Gute im Leben erleben und das Schlechte so gut es geht abschwächen. Dabei ignorieren sie das Schlimme nicht, sondern stellen sich diesem. Bis letztes Jahr dachte ich Stoiker haben einfach keine Gefühle, aber weit gefehlt. Stoiker sind sehr wohl voller Liebe, Hingabe und Mitgefühl. Aber sie erkennen auch, das “Auch das wird vergehen”, die berühmte philosophische Erkenntnis des Mittelalters. Aber woher kommt diese Gruppe an Schulen eigentlich, welche Personen haben den Stoizismus geprägt und was heißt das für mein Leben. William Braxton Irvine gibt hier ein lesbares Anfangswerk mit allem, was es für den Einstieg braucht. Nicht immer leicht, aber so wie Yoga am Anfang gefühlt nur aus Verrenkungen besteht, so entfaltet auch der Stoizismus mit der Zeit seine Kraft.
Autokorrektur
Treten wir einmal zurück und überlegen uns, wie unsere Welt sein könnte. Was macht uns glücklich, was gibt uns Kraft und Sicherheit? Mal ganz abstrakt gesprochen, benötigen wir dafür Mobilität, neben vielem anderen. Das private Automobil ist dabei nur eines von vielen Angeboten. Und vor allem: es ist nicht das bestimmende. Katja Diehl zeigt hier eindrucksvoll, wie unsere Gesellschaft global im 20. Jahrhundert begann die Welt für das Auto zu gestalten. Nicht um mehr Glück und Kraft in unser Leben zu bringen, sondern um das Auto zu stärken. Denn das Auto bringt nach den heutigen Definitionen des BIPs Geld und fördert das Patriarchat. Sie zeigt, wie es anders gehen kann. Im kleinen wie auch im großen. Ein spannendes Sachbuch, das mich anregt anders zu denken.
The goal
“Die Mutter” des Phoenix und Unicorn Projects. Eigentlich geht es um die Theorie der Rahmenbedingungen, die in der Maschinenbauindustrie des 20. Jahrhunderts ihren Erfolg feierte. Wir alle kennen das Toyota. Eliyahu Goldratt zeigt hier mit den Mitteln des sokratischen Dialogs, wie wir Prozesse auf das Abstimmen, was wir erreichen wollen: unser Ziel. Ob das nun Geld, Glückseligkeit oder Sichtbarkeit ist, ist recht egal. Flaschenhälse dynamisch erkennen, Puffer einbauen und die richtigen Fragen stellen. Das klingt alles recht abstrakt, hätte mir aber bei einer privaten Wandertour sehr geholfen und kam bei einem privaten Familienbesuch mir sehr entgegen. Ein Fachbuch, geschrieben als Roman, das sich liest.
Water – A Biography
Wasser. Die Quelle unseres Lebens. Und gleichzeitig eine Macht, der wir völlig ungeschützt ausgeliefert sind, wie Giulio Boccaletti beschreibt. In Deutschland sind uns Jahrhundertfluten und -dürren gut bekannt – alle ein Ausdruck unserer Abhängigkeit vom Wasser. “Water” ist eine umfassende soziopolitische udn geschichtliche Einordnung des Wassers in unser Leben. Was unterscheidet beispielsweise die Sumerer und die Römer bei der Landwirtschaft? Oder was haben die griechischen Berge mit dem Untergang des antiken Griechenlands gemein? Ein spannendes, informationsschwangeres Buch.
The courage to be disliked
Weil du dich selbst nicht traust, machst du dich schlecht und begibst dich in toxische Abhängigkeiten. Du genießt die Aufmerksamkeit derer, die dir helfen und stehst nicht für dich selbst ein. Diese zugegeben reißerische Beschreibung von Themen des Buches sind nicht allgemeingültig. Aber neben der Psychologie C. G. Jungs und Siegmund Freuds steht Alfred Adler hier als ein echter Titan dieser Wissenschaft. In einem sokratischen Dialog lerne ich, was es mit dieser Psychologie auf sich hat, was Mut ausmacht und was Vertrauen damit zu tun hat. “The Courage to be Disliked” von Ichiro Kishimi und Fumitake Koga ist eines dieser wenigen Bücher, die ich direkt nochmal von vorne begonnen habe. Das das Titelbald das angebliche Todeshaiku von Basho zeigt, ist dabei nur ein spannendes Randthema.
Gideon the Ninth
Nimm einmal an, du wächst in einer Welt voller Nekromantie auf. Um die Felder zu bestellen erweckst du die Toten als Skelette zum Leben. Sie arbeiten für dich, wie Maschinen. Gleichzeitig mag dich irgendwie niemand und jetzt musst du bei einer “Hunger Games”-artigen Herausforderung einspringen, da der vorherige Kavallier mit seinem Weltraumshuttle gestorben ist. Äääh, in welcher Zeit befinden wir uns? Die Welt von Gideon Nav ist überraschend. Ich habe viel über Knochen, Knorpel und Sehnen gelernt, aber auch wie eine homosexuelle neuseeländische Authorin schreibt. Tamsyn Muir schafft es in jedem Buch der Reihe mich auf ein Neues zu überraschen.
A Master of Djin
Was wäre, wenn Aladdin keine Fantasie wäre, sondern Djinn wirklich unter uns leben. Leider sind sie als Unsterbliche nicht sonderlich gut auf uns zu sprechen, zumal die Welt zu Beginn des 20. Jahrhunderts in Ägypten schon genug Probleme hat. Aber dank einer clever eingefädelten Prophezeiung und einer djinnpunk-artigen Welt hat mich das Buch allemal gefesselt – ich bin sicher “djinnpunk” ist ein Wort, eben wie “steampunk”. Phenderson Djèlí Clark schafft es Kairo zum Leben zu erwecken und gleich noch die politische Welt kurz vor dem 1. Weltkrieg mit ins Spiel zu bringen.
The Expanse
Als ich “Leviathan Awakes” begann, hatte ich keine Ahnung der Reihe von James S. A. Corey, der übrigens nicht an Schizophrenie leidet. Und nach kaum drei Monaten bin ich schon im dritten Band einer Reihe, die all die guten Schritte macht eine galaxieweite SciFi Storie erster Güte zu bilden. Politische Verstrickungen zwischen Erde, Mars und dem “Gürtel”, Charaktere die sich lebendig anfühlen und jede Menge Gravitationswechsel machen diese Reihe zu einer spannenden Lektüre.
Du hast den Eindruck, hier fehlt etwas ganz gehörig? Du hast Recht, die Liste soll knapp bleiben. Aber schreib mir deine Buchempfehlungen in die Kommentare, ich freue mich darauf.
Sei der Erste der einen Kommentar abgibt