Was ist passiert, seit dem ich auf vor einem Jahr auf 80% reduziert habe?
In Kürze: seit ich 80% arbeite habe ich Zeit für Neugierde, mein Github Profil zeigt das, ebenso wie mein Eintritt bei den Grünen, mein Online-Blog und das ich mich erstmals am Schreiben von Science Fiction Romanen probiere.
Priviledge-Disclaimer: Das ich mir 80% leisten kann – sowohl karrieretechnisch als auch finanziell als auch überhaupt, also dass ich deswegen nicht entlassen werde – ist ein großes Privileg an sich. Das ist mir bewusst. Wie gehe ich damit um? Ich bin offen und ehrlich darüber und arbeite an Strukturen, die Teilzeit für alle erleichtern und ermöglichen. Teilweise ist es für Menschen überraschend an sich, dass ich das mache, v.a. als Berater. Teilweise sind sie sauer, da ich als weiß-cis-männlich gelesener Mensch mit diesem Privileg hausieren gehe. Und teilweise verstehen sie nicht, warum ich weniger arbeiten will. Bei mir kommt neben der Teilzeit noch das Sabbath hinzu. Ein oder zwei Monate pro Jahr unbezahlten Urlaubes. Auch die können weder alle nehmen noch sich leisten.
Mein Wunsch in Teilzeit zu arbeiten kam nicht daher weniger Arbeiten zu wollen, sondern weil ich mehr arbeiten will, nur eben nicht in meiner Lohnarbeit. Ich bin vielfältig interessiert und politisch aktiv. Ich bespiele meinen eigenen Blog, halte Vorträge und engagiere mich bei den Scientist For Future und Bündnis90/Die Grünen. Gleichzeitig genieße ich lange Wochenenden. Derzeit ist mein Teilzeit-Rhythmus so, dass ich alle zwei Wochen Freitags und den folgenden Montag frei nehme. Dadurch komme ich in einem Kurzzeiturlaub an. Der Sonntag fühlt sich für mich wieder wie ein Tag aus den Sommerferien an: alles ist erledigt, es ist eingekauft, geputzt, gemacht und ich kann den ganzen Tag tun und lassen, was ich will. Alle selbsterhaltenden Aufgaben sind ja schon erledigt. Diese Zeit ist mir wichtig, sie tut mir gut und hilft mir gesund und munter zu bleiben. Dauerhaft und nachhaltig.
Für mein Unternehmen gibt es einen weiteren Vorteil: ich bin flexibler einsetzbar. Falls mal viel los ist, das Projekt drängt oder ein Workshop geplant werden muss, dann arbeite ich auch bis zu 100%. Wenn es mal ruhiger ist, nehme ich mir ein paar Tage mehr frei. Mein Arbeitgeber bezahlt mich nicht für Herumsitzen aufgrund der aktuellen Projektsituation, was er aber ohne Probleme tun würde. Gleichzeitig kann ich auch mal Mittwoch Mittag frei machen, wenn ich mich nicht mehr nach Arbeiten fühle. Das führt dazu, dass ich dann arbeiten kann, wenn ich will und produktiv bin. Allein das ist schon ein wesentlicher Mehrwert.
Ein Nachteil von Teilzeitarbeit in der IT ist jedoch, dass es manchmal für mich schwierig ist, mich auf die gleiche Weise wie Vollzeitbeschäftigte zu engagieren. Ich habe oft weniger Zeit, um bspw. das Büro schöner zu machen oder mich zu aktuellen Technologien weiterzubilden. Wenn ich Verantwortung übernehme, dann ist es durchdachter, denn ich habe ja nur so und so viel Zeit.
Ein weiterer Nachteil von Teilzeitarbeit in der IT den ich bisher nicht gespürt habe ist, dass ich möglicherweise weniger Chancen haben, mich innerhalb des Unternehmens zu entwickeln und aufzusteigen. Allgemein liegt das daran, dass ich weniger Zeit haben, um mich auf Projekte und Weiterbildungen zu konzentrieren. Aber wie gesagt, bisher spüre ich das nicht. U.a. liegt es wohl auch daran, dass ich seit meiner 80% Stelle zum ersten Mal seit über 10 Jahren Lust habe, mich in meiner Freizeit mit meiner Arbeit zu beschäftigen und bspw. an einer API für spannende Tools mitzuarbeiten oder einige meiner Prozesse zu automatisieren. Diese Art des Lernens durch machen und Eigeninteresse ist die dauerhafteste Form des Lebenslangen lernens und also ein großer Erfolg.
Teilzeit gibt mir Luft über Dinge der Arbeit zu reflektieren, für die ich sonst keine Luft hätte. Ich kann Kreativität leben, Fokus ermöglichen. In meinem Wertesystem gleicht das den Verlust an Einkommen bisher sehr aus. Wie steht ihr zu Teilzeit? Schreibt es mir in die Kommentare 🙂
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